Stiftung LEBENSNERV,
FORUM PSYCHOSOMATIK 1/02

LeserInnen/Pressereaktion


Kurz nach dem Terroranschlag am 11. September schrieb uns eine MS-Betroffene Leserin darüber, was Angst mit ihrem Körper macht. Da das Heft 2/01 bereits fertiggestellt war, kommen wir erst in dieser Ausgabe dazu, den Text vom 4. Oktober 2001 abzudrucken.


Liebe Mitbetroffene,


der Terroranschlag von New York steckt noch vielen in den Gliedern. Ich möchte berichten, wie sich die Angst, das unerfüllte Sicherheitsbedürfnis bei mir auswirkt. Ich wohne zwischen Darmstadt und Heidelberg. Bei uns leben sehr viele Amerikaner. Wir sind also mitten drin. Was hat sich konkret verändert seit dem 11. September? Meine Kraft ist weg. Mein linkes Bein ist zu schwach, um mich vom Boden aufzurichten. Es braucht immer wieder die Hilfe meiner Arme, um sich hochzuziehen. Außerdem ist es steif, was dazu führt, dass ich recht häufig hinfalle. Natürlich auch, weil mein Peronäus extrem schwach ist. Mein linkes Auge hat oft einen dichten Weißschleier. Meine Gliedmaßen sind schwer. Ich kann mich nur langsam fortbewegen und muss viel öfters Pausen einlegen. Nachts schlafe ich schlecht. Oft wache ich dreimal auf und liege immer wieder stundenlang wach. Noch nie kreisten meine Gedanken so häufig um das Thema "Tod" wie in diesen Tagen. Auch andere Ängste sind plötzlich wieder da, zum Beispiel: wird mein Mann wirklich bei mir bleiben?

Wie üblich verzichte ich auch jetzt auf die Einnahme von Cortison und versuche, mit anderen Mitteln meine innere Ruhe wieder herzustellen. Ich merke: Termine absagen, ausruhen, Qi-Gong Übungen im Stehen, das Fühlen meiner Fußsohlen, Meditation und das Besprechen meiner Ängste in der Psychotherapie tun mir gut. Ich versuche zu leben und mir meine Lebensfreude zu erhalten. So singe und töne ich, massiere mich mit ..Ölen ein, lasse sie 10 Minuten einwirken und nehme anschließend ein Bad. Auch mit Tanzen und schöner Musik versuche ich, meine Ängste loszulassen. Im Augenblick zu leben, das ist mein Ziel. Möge dies trotz aller Sorge möglichst vielen von uns gelingen

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