FORUM PSYCHOSOMATIKZeitschrift für Psychosomatische MS-Forschung, 11. Jahrgang, 2. Halbjahr 2002 |
Seit Herbst 2000 werden am Universitätsklinikum Aachen ambulante Gruppen für Frauen und Männer, die an Multipler Sklerose erkrankt sind, angeboten. Die beiden ersten Gruppen wurden im Herbst 2001 abgeschlossen, zwei weitere in diesem Sommer. Im Herbst 2002 werden die ersten beiden Gruppen nachuntersucht. Der folgende Bericht beschreibt den konzeptionellen Hintergrund, die Durchführung und erste Ergebnisse am Beispiel der ersten beiden Gruppen.
Die Multiple Sklerose gleicht einem Chamäleon: Zum einen ist ihr Verlauf nach wie vor im Einzelfall nicht voraussagbar. Es gibt Verlaufsformen mit wenigen Schüben, die keine oder nur geringe körperliche Beeinträchtigungen bei den Betroffenen zurücklassen, Verläufe mit häufigen und heftigen Schüben, die in starker Behinderung resultieren, primär und sekundär chronische Verläufe unterschiedlichster Ausprägung etc. Zum anderen ist ihre Ursache nach wie vor unbekannt. Man geht heute von einem multifaktoriellen Geschehen aus, das zu Autoimmunprozessen führt, wobei genetische Faktoren, Umwelteinflüsse, virale Infekte und psychische Belastungen eine Rolle spielen. Beide Punkte führen zu Verunsicherung bei den betroffenen PatientInnen gegenüber ihrem eigenen Körper. Sie wissen nicht, wie diese bedrohliche Erkrankung entsteht und kein Arzt kann ihnen sagen, wie sie verlaufen wird. Das Gefühl der Abhängigkeit von den medizinischen Behandlern ist groß und oft sehr belastend und damit auch die Sensibilität gegenüber traditionell hierarchischen Umgangsformen. Menschen, die an MS erkranken, werden mit einer großen Ungewissheit über Entstehung, Verlauf und Therapierbarkeit ihrer Erkrankung konfrontiert. Außerdem unterliegt die MS in der Allgemeinbevölkerung einer negativen Bewertung: Laien verbinden mit "Multipler Sklerose" häufig ein Leben im Rollstuhl und in völliger Hilflosigkeit, wie es jedoch nur in etwa zehn Prozent der Fälle zu erwarten ist. Ebenso existieren eine Menge Vorurteile über Cortison- oder Interferontherapien. Insgesamt führen diese Faktoren neben der vorliegenden körperlichen Behinderung und ihren Folgen zum Beispiel für die Arbeitsfähigkeit zu einer hohen psychosozialen Belastung, die wiederum zu negativen Auswirkungen auf den Krankheitsverlauf führen kann.
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