Stiftung LEBENSNERV,
FORUM PSYCHOSOMATIK 1/05

Sechster Forschungspreis zur
Psychosomatik der Multiplen Sklerose verliehen

Die Stiftung LEBENSNERV hat am 23. April im Rahmen eines Symposiums an der Alice-Salomon-Fachhochschule in Berlin ihren mit 2.500 Euro dotierten Forschungspreis verliehen. Der Preis, der erstmals im Jahr 1994 vergeben wurde und wissenschaftliche Arbeiten auf dem Gebiet der Psychosomatik der Multiplen Sklerose (MS) auszeichnet, wurde in diesem Jahr zweigeteilt: Ausgezeichnet wurden Prof. Dr. Hedwig Rosa Griesehop aus Berlin für ihre Arbeit zur Biographieforschung "Multiple Sklerose: Prozesse biographischer Aneignung und Lebensgestaltung im Kontext einer chronischen Erkrankung" und Dr. Christoph Heesen aus Hamburg für seine Arbeit zur Psychoneuroimmunologie "Stressregulationssysteme bei Multipler Sklerose".

Nach einer musikalischen Einstimmung durch das Klezmer-Duo Rosenthal & Ginsburg konnte die Stiftungsvorsitzende Dr. Sigrid Arnade rund 60 Gäste im Audimax der Alice-Salomon-Fachhochschule begrüßen. Die anschließende Laudatio auf die beiden PreisträgerInnen hielt die Darmstädter Ärztin Dr. Heike Sievers-Frederich (Auszüge aus der Laudatio können Sie nachstehend lesen). Nach der feierlichen Preisverleihung stellten die PreisträgerInnen ihre Arbeiten vor - hier zunächst eine kurze Inhaltsangabe:

Die Grundlage der Forschungsarbeit von Prof. Dr. Hedwig Rosa Griesehop, die als Dissertation an der Universität Bremen erstellt wurde, bildeten siebzehn biographisch-narrative Interviews, die mit einer Gruppe von an MS erkrankten Frauen und Männern im Alter zwischen 18 und 43 Jahren geführt wurden. Im Mittelpunkt der Studie stand das Interesse, chronische Erkrankung unter dem Blickwinkel zur Verfügung stehender biographischer Handlungsspielräume zu betrachten. Es stellte sich heraus, dass - in weitaus höherem Maße als in der bisherigen Krankheitsbewältigungsforschung angenommen - dem lebensgeschichtlichen Hintergrund bei der Aneignung chronischer Erkrankung zentrale Bedeutung zukommt. Im Rahmen der Untersuchung konnten vier Haltungs- und Handlungstypen rekonstruiert werden, die die jeweiligen spezifischen Muster biographischer Krankheitsaneignung und Lebensgestaltung mit MS spiegeln. Auf Basis dieser Typenprofile lassen sich Konsequenzen für das professionelle praktische Handeln ableiten. So fordert Griesehop eine biographische Patienten/Klientenorientierung in der professionellen Unterstützung von MS-Betroffenen und eine narrative Praxis, die Professionelle bewegt, sich verstärkt in eine zuhörende Haltung den PatientInnen/KlientInnen gegenüber zu begeben.

Ziel der Forschungsarbeit von Dr. Christoph Heesen, die als Habilitationsschrift am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf entstand, war es, die Hypothese von veränderten Stressregulationssystemen bei MS zu überprüfen. Dazu wurden bei einer Gruppe von 35 PatientInnen der MS-Ambulanz und Kontrollprobanden aus dem Krankenhauspersonal einerseits stressexperimentelle (psychische, kognitive, körperliche Kurzzeitbelastung) Untersuchungen, andererseits auch neuroendokrine Funktionstests eingesetzt. Unter anderem fand Heesen, dass auf Teststress wie auch auf körperlichen Stress eine verminderte immunologische Ansprechbarkeit bei MS besteht. Ein leichtes körperliches Training kann einen günstigen Einfluss auf Stressregulationsmechanismen und das Immunsystem bei MS haben. Eine Kombination von medikamentöser und psychologischer Therapie sowie einem Fitnesstraining könne deshalb angemessen sein. Weitere psychoneuroimmunologische Untersuchungen seien jedoch erforderlich, unter anderem zu der Frage, inwieweit bestimmte Nervenwachstumsfaktoren unter körperlicher Belastung vermehrt produziert und auch im Blut gemessen werden können.

Im Symposiumsteil sprachen zunächst die Ärztin Dr. Anne-Marie Kadauke und die Psychologin Harriet Rink. Ihr Vortrag hieß: "Von âheilenden WortenÕ und “Killersätzen". Die Bedeutung der Kommunikation zwischen Professionellen und Menschen mit MS". Wir werden diesen Vortrag erst in Heft 2/2005 dokumentieren, da wir uns dann ganz dem Thema "Kommunikation und Killersätze" widmen werden und in diesem Zusammenhang auch berichten, wie es mit dem "Destruktivin-Preis" (siehe FORUM PSYCHOSOMATIK Heft 2/2004) weitergegangen ist.

Dr. Regine Strittmatter, Leiterin des Psychologischen Dienstes bei der Schweizerischen MS-Gesellschaft, referierte danach über "Die salutogenetische Perspektive und Multiple Sklerose". Diesen Vortrag geben wir hier auszugsweise wieder, eine Langfassung des Themas wird von Frau Strittmatter derzeit erarbeitet und nach Fertigstellung natürlich in FORUM PSYCHOSOMATIK zu lesen sein. Zum Abschluss des Symposiums gab es ein Podiumsgespräch mit den PreisträgerInnen, ReferentInnen und den Gästen unter dem Motto "Akzente für die zukünftige Arbeit der Stiftung LEBENSNERV und die psychosomatische MS-Forschung". Einige Ideen aus dieser Diskussion stellen wir in dieser Ausgabe vor.



HG



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