Stiftung LEBENSNERV,
FORUM PSYCHOSOMATIK 2/05

Editorial

Liebe Leserinnen und Leser,

wie im letzten Heft angekündigt,widmen wir diese Ausgabevon FORUM PSYCHOSOMATIK
ganz der Kommunikation zwischen Professionellen und Menschen mit MS. Wir veröffentlichen
unter anderem die verheerendsten Killersätze sowie eine umfangreiche
Abhandlung zu diesem Thema.
Dazu einige Gedanken vorweg: Die moderne Medizin verzeichnet unbestreitbar große Erfolge,
insbesondere hinsichtlich der diagnostischen und chirurgischen Möglichkeiten. Dennoch steht sie
vielen chronischen Krankheiten nach wie vor recht hilflos gegenüber. Was kann der Arzt, die Ärztin
tun, wenn junge Menschen nach der Diagnose MS verzweifelt zu ihnen kommen und um Hilfe bitten?
Sie können mehr tun als immunmodulatorische oder immunsuppressive
Therapien mit individuell zweifelhaftem Erfolg anzubieten.
Sie können „heilende Worte“ sprechen.
Längst ist bekannt, dass der Faktor „Arzt/Ärztin“ im Krankheitsverlauf eine nicht zu unterschätzende
Rolle spielt. Man weiß, dass er wirkt, man könnte aber noch viel genauer wissen, wie genau und
warum genau er wirkt. Es ist kaum zu verstehen, dass auf diesem Gebiet
nicht viel mehr geforscht wird. Die Pharmaindustrie profitiert vom Medikament „Arzt/Ärztin“ zwar
nicht, wohl aber die Betroffenen, und die Ärztinnen und Ärzte könnten aus ihrer Hilflosigkeit herausfinden.
Es wäre doch großartig, wenn Forschungsteams mit der gleichen Intensität, mit der sie Grundlagenforschung betreiben, nach den heilendsten
Worten in der Kommunikation zwischen ÄrztInnen und PatientInnen suchen würden. Ich
glaube, dass mit einer sensiblen Kommunikation nicht nur den Betroffenen
und den ÄrztInnen geholfen wäre, sondern dass damit tatsächliche Einspareffekte im Gesundheitssystem
zu erzielen sind.
Deshalb ist es meiner Ansicht nach dringend geboten, in der Medizinausbildung die Kommunikation
zwischen ÄrztInnen und kranken Menschen nicht nur zu lehren, sondern gleichwertig zur
Anatomie oder Pathologie auch zu prüfen, und für tätige ÄrztInnen entsprechende Weiterbildungen
vorzuschreiben.
Solche Forderungen sind nicht
neu – sie sollten aber endlich konsequent umgesetzt werden!

Ihre


Dr. Sigrid Arnad

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