Stiftung LEBENSNERV,
FORUM PSYCHOSOMATIK 1/08


Entscheidende Veränderungen

Nachdem ich entscheidende Veränderungen in meinem Leben vorgenommen hatte, war ich tatsächlich viele Jahre beschwerdefrei. Dies stand sicher auch sehr in Verbindung mit der therapeutischen Begleitung, die ich in diesen Jahren erfahren habe. Recht bald nach meiner Rückkehr aus Berlin war ich in der glücklichen Situation, in meiner Heimatstadt Frankfurt/M. erneut bei einem hilfreichen und kompetenten Arzt eine Behandlung beginnen zu können, der sich auch intensiv mit den psychosomatischen Zusammenhängen bei der MS beschäftigt hatte und die deutliche Empfehlung aussprach, eine Gesprächstherapie fortzusetzen.

Kurze Zeit später konnte ich bei einem seiner Kollegen eine Einzeltherapie beginnen. Dabei erlebte ich emotional auch sehr schwierige Phasen, vieles wurde aufgewühlt, was mir vorher nicht bewusst gewesen war. Doch vorwiegend erzielte diese Gesprächstherapie bei mir große Fortschritte, und mein psychisches und körperliches Befinden verbesserte sich wesentlich. Es veränderte zum Beispiel meinen Blick auf die Beziehungen zu Männern. Ich war nicht mehr so auf der Suche nach einem Partner, der mit ähnlichen Strukturen wie mein Vater ausgestattet war, um diese schwierige Vater-Tochter-Beziehung aufzuarbeiten. Diese Verarbeitung versuchte ich stattdessen auf therapeutischer Ebene zu vollziehen. Ich lernte besser für mich zu sorgen und mich von schwierigen Beziehungen auf eine gesündere Art abzugrenzen.

Vervollständigen konnte ich die therapeutische Arbeit einige Jahre später noch mit einer Gruppentherapie (Psycho-Drama), die viele weitere positive Entwicklungen bei mir in Gang setzte. Und ich lernte einen wunderbarenMann kennen, mit dem ich heute glücklich verheiratet bin und der auch für meine Tochter der beste Vater ist, den man sich wünschen kann!

12 Jahre lang verhielt die Krankheit sich sehr ruhig, fast schon hatte ich die MS vergessen können. Glücklicherweise haben sich sowohl Einzeltherapeut als auch die Psycho-Drama-Therapeutin sensibel mit dem Thema MS auseinander gesetzt und versucht, mir einige Verhaltensweisen zu vermitteln, die mich vielleicht auch vor erneuten MS-Attacken einige Jahre lang geschützt haben. Gleichzeitig fühlte ich mich besonders durch die therapeutische und kreative Arbeit beim Psycho-Drama dazu angeregt und ermutigt, mich mehr mit meinen Stärken als mit meinen von mir empfundenen Defiziten zu befassen.

Kraftquellen und innere Abwehr

Zuvor hatte ich mich in allen Bereichen für völlig „talentfrei“ eingestuft, doch ich entdeckte nun verborgene Schätze in mir, wie zum Beispiel die Lust und Freude am Theaterspielen und vor allem am Tanzen. Viele Jahre lang habe ich besonders das Salsa-Tanzen als eine sehr lebendige und wohltuende Kraftquelle empfunden. Der erste Schub nach so vielen Jahren war dann ein großer Schock, auch wenn er wesentlich harmloser verlief als meine ersten Schübe. Es waren ähnliche Sensibili- tätsstörungen und Schmerzen, verbunden mit extremer Kraftlosigkeit, aber eben in einer abgeschwächten Form.

Diesmal wurde ich ambulant mit hochdosierten Cortison-Infusionen behandelt. Gleichzeitig fühlte ich mich durch den intensiven Austausch mit meinem Arzt sehr gut versorgt und versuchte dementsprechend wieder manche Lebensumstellungen vorzunehmen, um mich besser vor weiteren Verschlechterungen zu schützen. Phasenweise hat das leider nicht mehr so gut funktioniert, wie es mir bis dahin doch eher vertraut war. Ich musste in den nächsten Jahren erleben, dass diese alte Entzündung eines „Herdes“ immer wieder bei mir „aufflackerte“, verbunden mit Remissionen, die mir dann auch wieder längere beschwerdefreie Phasen ermöglicht haben.

Aber es machte mir Mut, dass kaum neue Herde entstanden waren, was wiederum prognostisch günstiger einzustufen ist. Warum diese alten Narben (Plaques) immer wieder unruhig werden, darin kann ich bis heute ein gewisses System entdecken:Meine innere Abwehr ist zu solchen Zeiten häufig unterversorgt, oftmals fühle ich mich einfach überfordert, habe mir nicht genügend Erholungszeiten einräumen können oder mich mit zu vielen Ängsten beschäftigen müssen. Als ich nun auch heftigere Schubphasen erleben musste, die mich plötzlich für viele Monate arbeitsunfähig machten, fing ich an, mich für einen Aufenthalt in einer psychosomatischen Klinik zu interessieren.

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