FORUM PSYCHOSOMATIK

Zeitschrift für Psychosomatische MS-Forschung, 20. Jahrgang, 2. Halbjahr 2010

Die CRAB-Studie:

MS-Betroffene allein zwischen Zweifeln, Vertrauen und Wünschelrute




Was ist geschehen?

Im British Medical Journal (BMJ) wurde im Juni 2010 eine Studie zu den CRAB-Medikamenten veröffentlicht1. Das sind C = Copaxone, R = Rebif, A = Avonex, B = Betaferon. Untersucht wurden seit 2002 von der britischen Gesundheitsbehörde also Präparate mit den Wirkstoffen Glatirameracetat oder Betainterferon. Nach dem jetzt veröffentlichten Ergebnis wirken diese Medikamente nicht nur nicht, sondern sie schaden sogar. Jedenfalls habe eine nicht behandelte Kontrollgruppe einen besseren Verlauf.


Stellungnahme des Ärztlichen Beirats

Der Ärztliche Beirat des DMSGBundesverbandes nimmt im „aktiv 3/2010“ dazu Stellung. Es werden mehrere methodische Mängel der Studie benannt, Veröffentlichungen zu der Studie werden mit der Bezeichnung „Laienpresse“ abgewertet und in seiner Zusammenfassung kommt der Ärztliche Beirat zu dem Schluss, es gäbe „keine berechtigten Zweifel an der Wirksamkeit der sogenannten Basistherapie der MS“.


Weitere Aspekte in der Diskussion

Die Studien, die ursprünglich die Wirksamkeit der betreffenden Medikamente nachgewiesen haben, wurden (wie alle derartigen Studien) finanziert von den Herstellern, also Pharma-Unternehmen. Kann man ihnen wirklich uneingeschränkt vertrauen?

Böse Zungen behaupten, die CRAB-Studie käme gerade zur rechten Zeit: Die Medikamente hätten sich amortisiert, und die Betroffenen seien bereit für neue, eventuell noch teurere Arzneien.

Es ist unglaublich schwierig, wenn nicht unmöglich, als Betroffene/ r oder auch als Arzt/Ärztin zu einer sachgerechten Einschätzung zu kommen, da kaum durchschaubar ist, wer in der Diskussion welche Interessen verfolgt.


Was tun?

Am besten wäre es, das vermutlich tatsächlich unabhängige „Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen – IQWIG“ würde mit einer Prüfung des therapeutischen Nutzens der CRAB-Medikamente beauftragt. Leider wird das IQWIG im laufenden Gesetzgebungsprozess zum Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG) in seinen Kompetenzen bis zur Wirkungslosigkeit beschnitten.

Bleibt nur, auf die eigene innere Stimme zu hören. Vielleicht hilft auch der eine oder andere Kinderabzählreim bei der Wahl des passenden Medikaments oder eine Wünschelrute? Das ist alles nicht sehr befriedigend.


Das Naheliegendste versuchen!

Ein bislang nicht beschrittener Weg wäre es, die Betroffenen zu fragen. Sie sind schließlich die einzigen mit eindeutigen Interessen: Sie wollen, dass es ihnen besser geht. Es ist kaum zu verstehen, dass noch niemand auf die Idee gekommen ist, die Expertinnen und Experten in eigener Sache nach ihren Erfahrungen mit den Medikamenten zu befragen.




Si



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