FORUM PSYCHOSOMATIK

Zeitschrift für Psychosomatische MS-Forschung, 24. Jahrgang, 1. Halbjahr 2014

Neue Bücher

Verena Bentele/Stephanie Ehrenschwendner: Kontrolle ist gut, Vertrauen ist besser Die eigenen Grenzen verschieben und Sicherheit gewinnen

Kailash-Verlag München 2014, 224 S., 18,99 Euro, ISBN: 978-3-424-63092-3

Kontrolle ist gut, denn sie gibt uns Orientierung und hilft uns, unsere Ziele zu erreichen. Doch erst Vertrauen befähigt uns, unsere Potenziale voll auszuschöpfen und am Ende die Gold Medaille zu gewinnen. Niemand weiß das besser als Verena Bentele, denn sie ist von Geburt an blind. Die Ausnahmesportlerin und 12fache Goldmedaillengewinnerin bei Paralympics lebt eine klare Philosophie des Vertrau-ens und zeigt anhand eines mentalen Übungsprogramms, wie wir Schritt für Schritt unsere Grenzen erweitern. Ihre überzeugende Botschaft lautet: Die Hindernisse in unserem Leben sind Trainingsgeräte, an denen wir Mut, Kraft, Vertrauen und unsere Stärken trainieren können, um sie zu überspringen. Verena Bentele ist seit ihrer Kindheit daran gewöhnt, jeden Tag an Grenzen zu stoßen, zu stolpern und wieder aufzustehen. Und sie ist als Blinde darauf angewiesen, in ihre Stärken und in die Stärken des Teams zu vertrauen. Sonst, so sagt sie, würde sie aufhören sich zu bewegen, bevor sie überhaupt eine Grenze erreicht.

Verena Bentele weiß, wovon sie spricht, denn gerade in den beiden Disziplinen Skilanglauf und Biathlon sind sehbehinderte Athleten darauf angewiesen, ihren Begleitläufern voll und ganz zu vertrauen. Nur so schaffte sie den Sprung aufs Siegertreppchen. Mit anschaulichen Beispielen aus ihrer Sportlerkarriere und einem Trainingsplan in vier Stufen zeigt Verena Bentele, wie wir aus ihren Erfahrungen und Erkenntnissen lernen und sie auf unser tägliches Leben übertragen können. Vertrauen ist reine Trainingssache - und wir alle können es lernen, denn ob in der Arbeit, in der Familie oder im Freundeskreis: Jeden Tag sind wir aufs Neue gefordert, Grenzen zu verschieben, und das geht am besten gemeinsam. Am Ende des Buches informiert ein „Blindipedia“ von A wie Anfassen bis Z wie Zielen über die Wahrnehmungen und die besonderen Anschauungen im Trainingsalltag.

Verena Bentele, geboren 1982 in Lindau am Bodensee, hat mehr erreicht als die meisten deutschen SpitzensportlerInnen. Sie gewann als Biathletin und Langläuferin 12 paralympische Goldmedaillen und viermal WM-Gold. 2010 wurde sie mit dem Bambi in der Kategorie Sport ausgezeichnet, ein Jahr später als Sportlerin des Jahres gefeiert. Ende 2011 beendete die Ausnahmeathletin ihre sportliche Karriere und arbeitete als Top-Referentin und Coach für Unternehmen wie Allianz, Daimler, Procter & Gamble und viele andere mehr. Nebenbei bestieg sie 2013 den Kilimandscharo und bestritt den 540 Kilometer langen Radmarathon Trondheim-Oslo in knapp 23 Stunden. 2014 wurde sie zur neuen Behindertenbeauftragten der Bundesregierung berufen: www.behindertenbeauftragte.de und seit wenigen Wochen ist Bentele auch Mitglied des Münchener Kommunalparlamentes.

Die Website der Autorin lautet: www.biathlon-bentele.de

Thomas Bergner: Schein oder Sein? Der Schlüssel zu unserem Selbst

Schattauer-Verlag, Stuttgart 2013, 328 S., 24,99 Euro, ISBN: 978-3-7945-2864-6

Den Schlüssel zu diesem Buch zu finden, ist mir leider nicht gelungen. Das kann entweder an mir oder am Autor liegen. Schade, da es mir versprach: „Das Buch ist eine Aufforderung, sich selbst anzunähern, um die Kraft des Menschseins zu nutzen.“ Oder: „Der Ansatz des Buches vermeidet, Menschen verändern zu wollen. Der erfolgreiche Weg ist, sich nicht selbst zu ändern, sondern zu sich zu finden.“ Mein Leseeindruck war, dass es sich bei den drei großen Teilen des Buches (Die Prinzipien unseres Seins – Archetypus Mensch – Sein schafft Sinn) um eine Ansammlung von psychologischen Versatzstücken aus der Sicht des Humanmediziners Bergner handelt, die mit Anspruch auf Allgemeingültigkeit zwischen zwei Buchdeckel gepresst wurden.

HGH

Adler, Rolf H.: Von der Biomedizin zur biopsychosozialen Medizin

Schattauer-Verlag, Stuttgart 2013, 154 S., 29,99 Euro, ISBN: 978-3-7945-3044-1

Der Schweizer Psychosomatiker Rolf H. Adler gilt als einer der bekanntesten Vertreter des biopsychosozialen Konzepts, das er als langjähriger Chefarzt des Lory-Hausesam Berner Inselspital umsetzte. Adler hatte sich zunächst auf die innere Medizin spezialisiert, war aber auch von der Psychoanalyse fasziniert, sodass er seine Assistenzzeit sowohl in einer Medizinischen als auch Psychiatrischen Klinik absolvierte. Die Kontakte mit George L.

Engel und Thure von Uexküll öffneten ihm den Blick dafür, dass nur die Synthese beider Fachrichtungen und die Berücksichtigung der biopsychosozialen Zusammenhänge eine optimale Behandlung ermöglichen. So stammt von ihm der folgende Satz: „Auch wenn nur der fünfte Finger gebrochen ist, darf man den Besitzer dieses Fingers bei Abklärung und Behandlung nicht vergessen.“

In diesem sehr persönlichen Buch (unter anderem mit Auszügen seines Briefwechseln mit George L. Engel) beschreibt Adler seinen Zugang zur biopsychosozialen Medizin. Besonderen Wert legt er dabei auf die Anamnese-Erhebung, die er als „Königsweg zum Patienten“ bezeichnet. Der Autor berichtet über seine Erfahrungen mit PatientInnen, KollegInnen und anderen WissenschaftlerInnen und lässt in zahlreichen Briefen bekannte KollegInnen zu Wort kommen – ein Muss für Adler -Fans!

HGH





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