Stiftung LEBENSNERV,
FORUM PSYCHOSOMATIK 1/99

Teil 4 (letzter Teil): "Neue Initiativen der Stiftung LEBENSNERV: ABM-Projekt will zur »Verbesserung der Lebensqualität MS-Betroffener« beitragen." von Bernd Thönges

»Ich bin mehr als die Behinderung«

von Monika Maraun

Die Diagnose einer chronischen Erkrankung wie der MS bedeutet für die betroffene Person einen grundlegenden Einschnitt in das bisher geführte Leben. Plötzlich ist nichts mehr, wie es vorher war. »Wie soll es weitergehen? Was habe ich falsch gemacht? Wie geht es beruflich weiter? Hält meine Beziehung stand, auch wenn ich behindert bin? Was wird aus mir?« Diese und viele weitere Fragen können den Alltag derartig überfluten, daß ich gar nicht mehr weiß, wo mir der Kopf steht, geschweige denn, was das Herz dazu sagt. Wut und Enttäuschung, Hilflosigkeit und Traurigkeit und alle diese ungeliebten und gern weggeschobenen Gefühle tauchen plötzlich wie unbezwingbare Schatten im Leben auf und wollen einfach nicht weichen.

Oft werden mit bestimmten Erkrankungen auch bestimmte Vorstellungen, Hoffnungen, Ängste und Bedeutungen verbunden, die kulturell oder gesellschaftlich begründet sind. Ob diese Bedeutungszuweisungen mit der Wirklichkeit übereinstimmen, ob ich der Krankheit einen positiven (z.B. Wachstumsmöglichkeit) oder negativen (z.B. Strafe) Wert beimesse - all das ist für mich und den Verlauf der Krankheit von großer Bedeutung. Denn oft ist das seelische Leiden zerstörerischer als die Krankheit selbst.

Wie kann ich damit umgehen? Ich möchte Ihnen das Angebot machen, Ihre persönlichen Fragen in Bezug auf sich selbst, Ihre individuelle Alltagssituation und das dazugehörige Umfeld in einer angenehmen und entspannten Atmosphäre zu erforschen.

Hier dürfen Sie sich erlauben, Ihren Gedanken, Vorstellungen, Befürchtungen, Hoffnungen und Gefühlen Raum zu geben. Sie haben die Möglichkeit, sie anzunehmen und auszudrücken auf die Art und Weise, wie es Ihnen guttut. Das kann z.B. im Gespräch, im Dialog, durch Malen, Rollenspiel, Ausdruck mit der Stimme und/oder dem Körper geschehen. Dabei soll es nicht um die Bewertung gehen, sondern um die Bewußtwerdung und Betrachtung dessen, was jetzt ist. Sie können mit dem Erkannten experimentieren und eine neue Art des Umgangs herausfinden.

Ein weiterer Aspekt könnte das Ausloten zwischen aktivem Tun und annehmendem Dasein beinhalten. Im Zusammenhang mit Erkrankung und körperlicher Einschränkung kann es förderlich sein, die Grenzen des »Machbaren« neu zu definieren und sie dem eigenen Wohlbefinden anzupassen. Dieses kann z.B. mit der Frage geschehen: Was tut mir gut, und wo überfordere ich mich? Hier kann es hilfreich sein, zunächst einmal die Wahrnehmung auf die Körperempfindungen zu lenken und herauszufinden, was mir gut tut, was mir schadet und was ich brauche, um mich im Alltag entspannen zu können. Eine weitere Möglichkeit des persönlichen Wachstums könnte sein, sich auf die Suche nach den eigenen Qualitäten und den Einzigartigkeiten zu machen, um dadurch einen Zugang zu den eigenen Kraftquellen zu finden.

Da ich selbst von einer chronisch fortschreitenden Erkrankung betroffen bin und seit 1993 mit körperlicher Einschränkung lebe, kann ich Ihnen im Sinne des peer counseling meine Beratung als behinderte Gestalttherapeutin anbieten. Ich habe im Zusammenhang mit der Einschränkung die Erfahrung gemacht, meinen ursprünglichen Beruf nicht mehr ausüben zu können. Das hat dazu geführt, daß ich mich auf die Suche nach einem neuen Wirkungsfeld begab, in dem ich alle meine beruflichen und persönlichen Erfahrungen und Kompetenzen einfließen lassen kann.

Ich möchte Sie herzlich dazu einladen, mein Beratungsangebot bei der Stiftung LEBENSNERV anzunehmen und freue mich auf Ihre Anmeldung.

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