Stiftung LEBENSNERV,
FORUM PSYCHOSOMATIK 2/98

LeserInnenbriefe zum Kommentar zu »Coping-Training« bei Multipler Sklerose (FP 1/98, S.26 ff)

Ich möchte ein lautes Bravo (!) zu Ihrem Kommentar des Artikels der Herren Pöhlau/Kugler/Kruse ausrufen. Während ich den Artikel las, bin ich vor Ärger fast geplatzt und habe schon um Ihre Einstellung gebangt. (Vergebung, es war der erste Artikel, den ich mir zum Lesen herausgepickt hatte.) Als ich dann den Kommentar las, war ich umsomehr über Ihre deutlichen Aussagen entzückt. Ich habe ganz Ähnliches gedacht. Die schulmedizinische Selbstherrlichkeit, die aus dem Aufsatz spricht, ist unerträglich. Schön, wie Sie die sogenannte Wissenschaftlichkeit ein wenig vorgeführt haben.

Wobei auch ich die Inhalte und Nützlichkeit des Coping Training nicht in gleicher Weise herabwürdigen möchte, wie es die Herren mit psychischen Entstehungsursachen bei MS tun. Das Coping Training in guter und offener Weise angeboten, kann sicher zu einem leichteren und vielleicht auch selbstbewußteren Umgang mit MS verhelfen.

Leider schaden aber solche Schriften, die innerhalb der Schulmedizin sicherlich positiv besprochen werden, sogenannten Außenseitermethoden und festigen diese Position noch weiter. Den Krankenkassen wird es recht sein...

Gerda Röttgers, Dortmund


Frau Arnades Kritik an der Arbeit von Kruse et. al. ist eher polemisch, als wissenschaftlich fundiert. Das wäre dann anders, wenn die Kritik durch Studienergebnisse belegt würde. So bleibt der Eindruck, die Stiftung intendiert eher die Bestätigung der These »MS muß psychosomatisch sein« als wissenschaftliche Korrektheit und die derzeit noch angemessenere Bescheidenheit, daß es erst einige Hinweise und »Puzzle-Teile«, aber keine »Wahrheiten« gibt, fehlt.

Dr. med. Eckhard Dannegger, SALUS-Klinik für Psychosomatik und Sucht, Friedrichsdorf


Ihrem Kommentar und Ihrer Literaturkenntnis ist nichts dazuzufügen. Ein anderes gesichertes Wissen als Sie habe ich selbst auch nicht. Dennoch komme ich zu einem etwas anderen Schluß als Sie: Aus meiner zugegebenermaßen kritischen Betrachtung der psychoanalytischen Psychosomatik, der ich selbst entstamme, ergibt sich nichts, aber auch gar nichts, was für eine irgendwie abgrenzbare psychische Verursachung oder Mitverursachung von schweren körperlichen Erkrankungen wie der multiplen Sklerose oder auch von Tumorkrankheiten spricht. Alles, was wir wissen – und Sie haben es korrekt erwähnt – ist, daß massive Streßbelastungen aus innerer und äußerer Ursache oft in einem auffallenden zeitlichen Zusammenhang mit körperlichen Erkrankungen stehen. Das aber ist eine Beobachtung, die wir bei sämtlichen schweren körperlichen Erkrankungen machen: Überall finden sich mit regelmäßiger Monotonie, wenn man es nur untersucht, gegenüber Kontrollgruppen erhöhte Streßerlebnisse. Ich neige eher dazu, hierin einen sehr unspezifischen Faktor zu sehen, der die Bereitschaft des Individuums mit Krankheit zu reagieren, heraufsezt. Alle Annahmen zur Spezifität bestimmter Lebenskonstellationen, innerer Konflikte und Krankheiten, wie sie etwa Franz Alexander vertrat, um von Georg Groddek ganz zu schweigen, wurden nie bestätigt. Dies vielleicht mit der einzigen Ausnahme der Rolle unterdrückter Aggression bei der Entstehung des essentiellen Hypertonus.

Prof. Dr. med. S.O. Hoffmann, Dipl.-Psych., Direktor der Klinik und Poliklinik für psychosomatische Medizin und Psychotherapie der Universität Mainz


Dieser Bericht macht deutlich, daß die Definition Psychosomatik in keinster Weise gesichert ist. Mir ist dabei klar geworden, daß es müßig ist, darüber zu spekulieren und zu forschen, ob MS psychosomatisch ist, wenn der Begriff nicht klar umrissen und geschützt ist. (...)

Ich persönlich bin zu der Meinung gekommen, daß der Körper grundsätzlich ein Ausdruck der Seele und der Persönlichkeit eines Menschen ist. Jede Freude, jedes Leid kann durch die Körpersprache Ausdruck finden. Freudentränen, Freudensprünge wie Tränen der Trauer und deprimierte Zurückgezogenheit. Für mich kann sich die Seele nur durch den Körper ausdrücken. Sie selbst ist unsichtbar und kann nicht sprechen. Ihr Problem ist es, sich in dieser Welt »Gehör« zu verschaffen. Eine Möglichkeit ist sicher die Krankheit. Durch meine Studie bin ich auf die Fragen gestoßen: Warum ist Krankheit psychosomatisch? Warum ist nicht Gesundheit psychosomatisch? Da ich zu der Meinung gekommen bin, daß das ganze Leben psychosomatisch ist, stellt sich mir nicht mehr die Frage: Ist MS psychosomatisch, sondern was will die Seele über den Weg der MS mitteilen?

Anneliese Wagner, Altena


Ihren Kommentar zum Artikel über das Coping Training kann ich nur bejahen. Ich bin überzeugt, daß Heilung von Krankheiten, und sicherlich von MS, mit einer seelisch-geistigen Entwicklung einhergeht. Da bin ich mir, völlig unbeweisbar, ganz sicher. Ich denke, daß Studien, egal von wem und für was gemacht, eine relative Sache sind. Man müßte dabei viel mehr beachten, wie eben auch Persönlichkeit des Patienten. Ich bin der Meinung, daß diese einen entscheidenden Einfluß auf Krankheitsverläufe hat.

Yvonne Radtke, Rosenheim

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