Stiftung LEBENSNERV,
FORUM PSYCHOSOMATIK 2/99

Hilary & Jackie

Ein Film über die musikalisch hochbegabten Schwestern Jacqueline und Hilary du Pré

In Anlehnung an die Biographie "A Genius in the Family" von Hilary und Piers du Pré entstand dieser Film, der poetisch und spannend die Beziehung der Schwestern du Pré beleuchtet. Regisseur Anand Tucker entwirft in seinem Kinodebüt nicht nur das Portrait der berühmten Cellistin Jacqueline du Pré (1945 - 1987), sondern er stellt die Beziehung zu der älteren Schwester Hilary in den Mittelpunkt, die von tiefer emotionaler Verbundenheit, aber auch von Rivalität und Eifersucht geprägt ist.

Jacqueline du Pré (Jackie) erkrankt an multipler Sklerose, wobei im Film (zumindest in der deutschen Fassung) nicht der Name der Krankheit genannt wird. Nach einem schweren Krankheitsverlauf mit Persönlichkeitsveränderungen stirbt die Cellistin im Alter von 42 Jahren. Aber die Krankheit spielt genau wie die Ehe zu dem Pianisten und Dirigenten Daniel Barenboim nur eine untergeordnete Rolle in der Geschichte.

Wenn man die in dem Film geschilderten Episoden aus dem Leben von Jackie und Hilary als Tatsachen begreift, so drängt sich unwillkürlich der Gedanke an eine psychosomatische Erklärung der Krankheit auf: Das Mädchen Jackie liebt nicht ihr Cello, sondern ihre Schwester Hilary. Ihr wird aber gesagt, dass sie die musikalisch begabte Hilary nur dann zu Konzerten begleiten darf, wenn sie selbst ähnlich gut wird. Also nutzt Jackie ihr Talent, wird bald zur ungewöhnlichen Cellistin und übertrifft ihre Schwester. Die folgenden Konzerttourneen trennen die Schwestern wieder. Jackie ist einsam und hasst ihr Cello. Aber egal, ob sie es im Taxi vergisst oder dem russischen Frost aussetzt, sie wird es nicht los. Diese Problem löst letztlich ihr Körper für sie, als sie aufgrund der Krankheit immer weniger in der Lage ist, Cello zu spielen. Ein - tragischer - Lösungsversuch auf körperlicher Ebene!?

In Bezug auf die Jackies Krankheit MS sollte es den ZuschauerInnen bewusst sein, dass Jacqueline du Pré anscheinend zu den zwei Prozent der MS-Betroffenen gehörte, die einen schweren Krankheitsverlauf haben. In dem Film wird also nicht das typische Bild der MS-Erkrankung gezeichnet, sondern ein einzelner tragischer Krankheitsverlauf. Die MS ist für Jackie allenfalls ein missglückter Lösungsversuch, denn sie bekommt auch nicht das, was sie sich wünscht: Bedingungslos um ihrer selbst willen und nicht aufgrund ihrer musikalischen Begabung geliebt zu werden.

Für mich ist "Hilary & Jackie" ein sehr sehenswerter Film mit feinen Zwischentönen. Trotz seiner Länge von über zwei Stunden bleibt die Geschichte immer anrührend und spannend.

Si

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