Stiftung LEBENSNERV, FORUM PSYCHOSOMATIK 2/00 |
Teil 4 (letzter Teil): "Was ist dran an den psychosomatischen Krankheitserklärungen MS-Betroffener?" von Hedwig Rosa Griesehop
Schluss: Zur Relevanz subjektiver psychosomatisch-orientierter
Krankheitserklärungen
Ich komme zum Schluss und fasse
zusammen: Objektiv betrachtet, werden subjektive Krankheitstheorien als
laienhaftes Wissen gesehen und dies nicht zuletzt, weil die starke Orientierung
auf einen eher funktionalen und wesentlich somatisch ausgerichteten
Krankheitsbegriff diese Deutung nahelegt. Dabei besteht die Gefahr, dass das
komplexe Wissen des erkrankten Menschen, sein Weg in die Krankheit, seine Art
Leben mit MS zu gestalten, abhanden kommt. Die subjektiven
Krankheitserklärungen sprechen ihre eigene Sprache. Je mehr die
Lebensgeschichte eines Menschen in den Blick gerät, desto weniger
erscheint die MS als Spielball des Zufalls.
Den Beweis antreten, dass
die psychosomatischen Krankheitserklärungen MS-Betroffener nicht nur
subjektive Vorstellungen und Deutungen mit begrenzter Reichweite sind, das kann
ich nicht. Dazu wäre eine Langzeitstudie von Nöten - diese
könnte den subjektiven Krankheitheitsvorstellungen der Betroffenen auf den
Grund gehen und Klarheit schaffen.
Welchen Stellenwert kann ihnen
dennoch beigemessen werden?
Je nachdem, ob ich Krankheit als Feind,
als Bedrohung, als Strafe, als persönliche Schwäche, als
Herausforderung begreife, die persönliche Sinngabe nimmt Einfluss. Anders
gesagt, die Vorstellung von der Krankheitsentstehung hat Einfluss auf die
Lebensgestaltung mit MS und möglicherweise auch auf den Verlauf der MS.
Auf alle Fälle dürfte eins ganz eindeutig und unbestreitbar
feststehen: Die Betroffenen haben das Bedürfnis, sich ihre Erkrankung zu
erklären, sie zu deuten. Die Suche nach dem Sinn der Erkrankung
beschäftigt die Menschen.
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